Mittwoch, 26. März 2014

W398II-399II: Über Marokko zurück nach Europa; Lohnender Umweg über Tafraoute und Taroudant, die Futsal-Falken von Agadir und Hitziges „Beach Soccer Match“ in Lella Mimouna

Association Amal Lella Mimouna (جمعية أمل للا ميمونة)
..................................... 1:3 (1:1) ...................................
Union Nasr Sportive Rabat (اتحاد النصر الرياضي الرباطي)
- Datum: Sonntag, 16. März 2014 – Anstoß: 14.40
- Wettbewerb: Senior 3 Division, Ligue Excellence du Gharb de Football [دوري الهواة القسم الثالث - عصبة الغرب] (Westmarokkanische Bezirksoberliga = 5. Marokkanische Liga, 3. Amateurebene)
- Ergebnis: 1-3 nach 95 Min. (43/52) – Halbzeit: 1-1
- Tore: 1-0 23. 19, 1-1 38. 5, 1-2 65. 2, 1-3 81. 2
- Verwarnungen: 2x Nr. 2, Nr. 11, 18, NN (AALM); Nr. 22-TW (UNSR)
- Platzverweise: 85. Nr. 2 AALM Foul, unsportliches Verhalten
- Spielort: Stade Municipal Lella Mimouna [الملعب البلدي بللاميمونة] (Kap. 1.500, davon 600 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 200 (davon ca. 10 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 7,0/10 (Wirklich schwierige Platzverhältnisse, trotzdem ein ansehnliches Spiel und Emotionen gab es auch noch!)

Rabita de Casablanca (الرابطة الرياضية البيضاوية)
........................... 32:29 (15:9) ............................
---------- Wydad Smara (وداد السمارة) -------------
Datum: Samstag, 15. März 2012 – Anwurf: 19.30
Wettbewerb: Ligue Excellence du Handball, Poule Sud [بطولة المغربية لكرة اليد القسم الممتاز] (Marokkanische Superliga Süd, d.h. Südstaffel der 1. Marokkanischen Handballliga; Halbprofiliga)
Ergebnis: 32-29 nach 60 Min. (30/30) – Halbzeit: 15-9
Tore: k.A.
Siebenmeterquote: RDB 100% (1 von 1); WS 0% (0 von 2)
Gelbe Karten: k.A.
Zwei-Minuten-Strafen: RDB = 14 Minuten; WS = 6 Minuten
Platzverweise: Nr. 11 in 23., 59. Nr. 77 (RDB); 10. Nr. 10 (WS)
Spielort: Salle du Sport, Complexe Mohamed V [مركب محمد الخامس - القاعة الرياضية] (Kap. 6.000 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 200 (ca. 10 Gästefans)
Unterhaltungswert: 7,0/10 (Gutes Spiel, das durch die unstete Leistung der Gäste leider zu früh entschieden wurde)

Renaissance Khemis de Zemamra (نهضة خميس الزمامرة)
.................................. 0:0 (0:0) ........................................
--------- Fath Sidi Bennour 1957 (فتح سيدي بنور) ---------
- Datum: Samstag, 15. März 2014 – Anstoß: 15.00
- Wettbewerb: GNF Amateur 1, Groupe Sud [بطولة القسم الوطني الأول هواة - شطر الجنوب] (d.h. 3. Marokkanische Fußballliga, 1. Amateurliga)
- Ergebnis: 0-0 nach 98 Min. (48/50) – Halbzeit: 0-0
- Tore: keines
- Verwarnungen: Nr. 2, 20, NN (CRKZ); Nr. 9, 15 (FSB)
- Platzverweise: keine
- Spielort: Stade Municipal Khemiss des Zemamra [الملعب البلدي بخميس الزمامرة] (Kap. 2.000, davon 1.000 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 1.500 (davon ca. 200 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 3,0/10 (Ganz schwaches Gekicke, wenigstens gute Stimmung)

---- AS Falcons Agadir (صقر اكادير) -----
......................... 6:2 (1:0) .......................
Etoile Madagh Berkane (نجم مداغ بركان)
- Datum: Freitag, 14. März 2014 – Anstoß: 19.30
- Wettbewerb: Championnat National du Futsal, Division 1 [بطولة الوطنية القسم الاول لكرة القدم داخل القاعة] (d.h. 1. Marokkanische Futsal-Liga)
- Ergebnis: 6-2 nach 40 Min. (20/20) – Halbzeit: 1-0
- Tore: 1-0 11. (Nr. 8 mit 10m), 2-0 22. 7, 3-0 32. 5m e,pty 4-0 34. 10, 5-0 34. 10, 6-0 34. 10, 6-1 38. 13 10m, 6-2 40. 5
- Gelbe Karten: 6, 11 (Agadir); 13 (Berkane)
- Rote Karten: Trainer von Berkane (15. Min., wg. Schiedsrichterbeleidigung)
- Spielort: Salle Couverte de Inbiaate [قاعة المغاطة الانبعاث] (Kap. 2.500 Sitzplätze)
- Zuschauer: ca. 100 (darunter ca. 5 Gästefans)
- Unterhaltungswert: 7,0/10 (Zwar recht einseitig, aber wirklich gut und phasenweise kurios)  
Photos with English and Arabic Commentary:
Sports Events:
a) Futsal Top Tier: Falcons Agadir v Madagh/ Berkane
b) 3rd Division Derby: Khemis des Zemamra v Sidi Bennour
c) Handball Top Level: Rabita Casablanca v Widad Smara
d) 5th Division “Beach Soccer”: Amal Lella Mimouna v Nasr Union Rabat

Places of Interest:
e) Nouakchott & Nouadhibou, and ADRAR MOUNTAINS 
f) Moroccan/ Western Sahara 
g) Tiznit, Tafraoute, Taroudant 
h) Es-Saouira Old Town 
i) Moulay Bousselham, Bouhachem, Tetouan
j) CEUTA: Spanish Exclave

Video:
Moroccan Musicians Supporting Rabita Casablanca Handball Team

Am Dienstag begann die eigentliche Rückreise nach meinem Auslandssemester. Wir legten auf dem ersten Teilstück nach Deutschland die enorme Strecke vom zentralmauretanischen Atar ins westmauretanische Nouadhibou nahe der marokkanischen Grenze zurück. Man muss erst einmal über 5 Stunden nach Nouakchott zurück fahren (d.h. nach Südwesten; in der Hauptstadt aßen wir noch mal sehr gut beim Italiener „Tafarit“ am Olympiastadion) und dann nach Norden 5,5 Stunden bis zur Grenze Boulanouar zurücklegen. Da wir dort die Herberge nicht fanden, fuhren wir auch noch die knappe Stunde auf die Landzunge nach Nouadhibou raus und übernachteten wieder im Camping Baie du Levrier. Man kann übrigens mittlerweile auch direkt an der Grenze in einer Herberge übernachten (natürlich nur auf der mauretanischen Seite, in Marokko sind die noch nicht auf so eine gute Idee gekommen).

Mittwoch ging es nach dem Frühstück im „Plein Lune“ zügig zur Grenze. Die Passstempelung, die Unterschrift unter das Fahrzeugdokument und die Fahrzeugkontrolle dauerten nur 30 Minuten. Nach der beschwerlichen Fahrt durchs Niemandsland dauerte es bei den Marokkanern natürlich eine volle Stunde, ehe wir alle Stempel und Papiere (bis auf die Versicherung mal wieder) geholt hatten. Wir waren trotzdem noch früh in Dakhla, nachdem wir eine Polizeikontrolle mit einem gut Deutsch sprechenden aber entsprechend hyperkorrekten Polizisten passiert hatten; fragt der doch noch nach dem Warndreieck: Mann, Mann, Mann…
Dort steuerten wir noch vor dem Hotel „Touareg Palace“, das wir ein zweites Mal bezogen, einen Reifenhändler an. Die beiden an der Karkasse beschädigten 800-Dirham-Reifen wurden gegen welche für 750 Dirham ausgetauscht. Mal schauen, ob die besser halten, wie der sehr freundliche Händler mit viel Klopfen und Drücken auf die in der Tat sehr robusten Reifen meinte…

Auch über den Donnerstag gibt es nicht viel zu berichten, denn die Strecke war bekannt. Nur in Laâyoune verfuhren wir uns erst kurz, sodass wir die Kirche von außen sehen konnten, und hatten dann etwas Stress an der einen Kontrolle: ein intelligenter Polizist merkte nämlich dass unsere Versicherung gar nicht gültig ist. Der bestellte mich aber einfach ins Büro, quatschte ein bisschen, schenkte mir Tee ein und ließ sich 100 Dirham (9,30€) geben.
Dann ging es über Sidi Akhfennir, wo wir in einer Fernfahrerkaschemme für zusammen nur 3,50€ Tajine aßen und Tee tranken. Übernachten wollten wir eigentlich in Guelmim, doch die Hotels waren zu teuer und der Hotelier in dem einen, in das wir hineingingen, machte keine Anstalten von den 450 Dirham runter zu gehen. Also fuhren wir noch die zwei Stunden nach Tiznit weiter, wo wir schnell das Hotel Riad fanden, dass mit nur 200 Dirham für die gebotene Qualität sehr günstig ist. Der freundliche Hotelier musste aber natürlich vom Parkwächter aus dem Bett geklingelt werden: es war halt schon 1.45 Uhr…  
Freitag schließlich verließen wir die direkte Route: Tiznit hatten wir schon auf dem Hinweg gesehen, also gleich weiter nach Tafraoute, wo es tolle Felsformationen und eine recht gepflegte und moderne Innenstadt zu sehen gibt. Es fiel auf, dass die Dörfer im Landkreis Tafraoute ebenso gepflegt wie die Kreishauptstadt daherkamen. Für Berberdörfer extrem ungewöhnlich: wie der Kreis Tafraoute so ein Niveau erreichen konnte, ist mir schleierhaft.

Sehr schön sind dann im weitaus weniger ordentlich erscheinenden Nachbarkreis von Tafraoute die befestigten Gehöfte auf den flachen, tischartigen Felsen (arabisch Kasbah, berberisch Igherm), vor allem auf dem Weg nach Ait Baha. Dort geht es übrigens nur auf extrem engen Straßen hin: ohne Leitplanke obwohl es so eng ist, dass kaum zwei Autos aneinander vorbeipassen, am Rande der Schlucht entlang. Bauarbeiten gab es auch noch: sinnvollerweise wird die Straße verbreitert…

In Taroudante waren nicht ganz so viele Camper unterwegs wie in Tafraoute, doch mehr Geschäftemacher. Wir stießen aber gleich auf den freundlichen Schlepper Ibrahim, der hervorragendes Hocharabisch spricht, und gingen mit ihm durch die sehenswerte ummauerte Altstadt. Die Mauern sind insgesamt über 8km lang, hinzu kommen noch die Mauern der Festung am Rande der Altstadt, und das Highlight des Ortes. Ibrahim kassierte immerhin die Provision im ordentlichen Restaurant am Gaukler-Platz: mit Blick auf Folkloremusiker, Spielmänner, Bettler und Schuhputzer gab es sehr gutes Essen zu mittelmäßigen Preisen. In die nette Argan-Kooperative seiner Schwester ließen wir uns auch noch führen, wobei wir dort mit Ausreden die Führung abkürzten, wobei er für selbige am Ende gar kein Geld einstreichen wollte.

Wie auch immer: wir kamen in Agadir fast 10 Minuten zu spät zum Salle Inbiaate, dem direkt neben dem alten Stadion Inbiaate gelegenen, gut 3.000 Zuschauern auf zumeist einfachen Sitzen Platz bietenden, größten Sporthalle der Stadt Agadir an. Die Farbgebung mit blau und rot ist gut gelungen, der Sprecherturm ist schön halbrund gehalten.

Es gab ein Spiel der landesweiten 1. Futsal-Liga zu sehen: die Gastmannschaft aus dem Nordosten des Landes kommt aus Madagh und Berkane; das sind zwei Orte die eine Spielgemeinschaft in dieser halbprofessionellen Liga bilden und insgesamt hatten die Jungs einen Anfahrtsweg von 1.200km. Es lief dann auf dem Feld nicht gut für sie und nach der schnellen Führung für die Falken (Falcons oder Souqour) gab es auch einen Platzverweis für den pöbelnden Trainer, der von einem der Streifenpolizisten nach oben geschickt wurde.

Nach der Pause ging ein Schuss zum 2:0 ins lange Eck und Berkane versucht es mit fliegendem Torwart, was aber nur zu einem Empty-Net und einem Hattrick des Zehners innerhalb von nur 60 Sekunden führte. Erst in der Schlussphase gelangen den Gästen zwei Treffer, sodass am Ende ein deutliches aber nicht zu deutliches 6:2 stand.

Das wirklich gute Spiel suchten leider nur wenige Zuschauer auf, wobei unter den 100 Leuten auffällig viele, insbesondere die Frauen, in klassischen, südmarokkanischen Klamotten gekleidet waren. Auch interessant war die Festtagsband (diese Festtagsbands spielen regionaltypische Folklore auf Hochzeiten, Feiertagszeremonien, Jubiläen etc.), die nach dem Match aufspielte: diese Band war für die Siegerehrung einer erfolgreichen Jugendmannschaft – bei der D-Jugend oder was das war, war auch ein Mädchen dabei – bestellt worden. Als dann zwei Altherrenteams begannen sich aufzuwärmen, gingen wir aus Zeitgründen aber aus der Halle, da wir noch nach Essaouira wollten.

Der sehr aufdringliche und dämliche Parkwächter bekam von mir 6 Dirham mit dem korrekten Hinweis, dass er keine 10 von mir verlangen soll, da Marokkaner selten mehr als 3 entrichten für so eine Parkzeit…Dann ging es schnell auf die Piste, wir fanden aber keine Hotels in Chichaoua oder an der Bundesstraße nach Essaouira, sodass wir in die Stadt einfuhren, aber dort noch 45 Minuten suchen mussten, ehe wir einen rausklingeln konnten. Für 300 Dirham bekamen wir aber ein sehr gutes Zimmer, das normal 400 gekostet hätte.  
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Samstag standen wir entsprechend später auf und verbrachten nur eine Stunde mit der Stadtbesichtigung von Essaouira. In einer Stunde hat man auch das Wichtigste dieser sehr schönen Stadt gesehen: architektonisch und von der landschaftlichen Lage her ist Essaouira wirklich eine der schönsten Städte Marokkos. Im Vergleich zu meinem ersten Besuch im Oktober zur Zeit des Opferfestes gab es jetzt nur leider mehr Touristen, auch viele Trottel mit kurzen Hosen und Kötern, und durch diese Arschlöcher – zumeist natürlich Franzosen – auch leider höhere Preise (Parken war beim letzten Besuch 2 Dirham die Stunde, jetzt 5) und mehr Geschäftemacherei und Anquatschen – auch in dummer Art und Weise.

Wir fuhren die Hauptstrecke nach Khemiss Zemamra weiter, einer Landstadt im unattraktiven wie auch unbekannten Landkreis Sidi Bennour, der sehr durch Landwirtschaft geprägt ist. Die ordentliche Ortsdurchfahrt wusste schon zu beeindrucken, da in dieser Gegend die Orte oft viel ärmlicher sind. Aber wirklich eindrucksvoll war, dass das Stadion zum Kreisderby Sidi Bennour schon 30 Minuten vorher richtig voll war. Dass das Kreisderby ein großes Ereignis ist, kann man auch in diesem Video sehen, mit dem der Gastgeber wirbt: http://www.adrare.net/sport/clubs/crkz.htm

Das Stadion ist schon fast ein bisschen zu klein für dieses Spiel, da die zwei zehnreihigen Betontribünen etwas eng bemessen sind, der Graswall am Rande der linken Betontribüne nur eine Notlösung ist und man ansonsten direkt am hohen Maschendrahtzaun herumstehen muss. Letzteres machten wir dann auch, direkt schräg hinter dem einen Tor um genauer zu sein, da wir zum einen gute Sicht auf den mit Kassenrollen werfenden und dauernd singenden Heimblock haben wollten und zum anderen, da die rivalisierenden Fans von Sidi Bennour auf der ausbautenlosen Gegenseite mit der Polizei stritten und uns der Hauptkommissar, der besonders freundlich war und uns noch nach dem Abpfiff handschläglich verabschiedete, mit der Bemerkung „letztes Mal haben die Gästefans Steine geworfen, stellt euch mal besser hinter das Tor unter die Bäume“ weiterleitete…

Richtig hitzig wurde es aber leider nicht: das Spiel auf dem holprigen, sandigen Lehmplatz war ausgesprochen unattraktiv. Zwei Treffer ans Gehäuse durch die Heimelf waren zu verzeichnen – traurig, dass sowas mit um den Aufstieg mitspielt. Der Abstiegskandidat Sidi Bennour war mit dem 0:0 zufrieden.

Das Handballspiel war da um Klassen besser: nach zügiger Landstraßen- und schneller Autobahnfahrt erreichten wir durch zu spätes Abbiegen in der Stadt zwar erst zur dritten Minute die Sporthalle hinterm Stadion Mohamed V, aber verpasst hatten wir kaum etwas. Die riesige leere ovale Halle war leider sehr schlecht gefüllt, nur 20% der Deckenlampen waren eingeschaltet, die Tribünenlampen und die Klobeleuchtung abgestellt. Es spielte halt nur der weniger bedeutsame Erstligist Rabita. Dafür wurde die wurfstarke Sieben mit einer klassischen Band mit Trommeln, scheppernden Blechklappern und Flöten bei jedem ihrer Angriffe unterstützt. Die Heimmannschaft zog schnell davon, Widad Smara aus den Tiefen der Westsahara zeigte nur phasenweise sein Können (schließlich sind sie Vizemeister). Nach der Pause gerieten sie mit bis zu 10 Toren in Rückstand, holten am Ende aber noch ein bisschen auf. Das 32:29 war ein verdientes Resultat für Rabita Casablanca. Die Schiris warfen übrigens leider mit überzogenen Karten und Strafen um sich, sodass am Ende drei rote Karten zu zählen waren, die auch recht heftig diskutiert wurden.

Zum mittlerweile dritten Mal steuerte ich das Hotel Cluny an, dass sehr praktisch an der Ausfallstraße aber trotzdem nahe zum Stadtzentrum hin und in Laufweite zum Sportkomplex Mohamed V liegt.  
Die Zeit war zu knapp, um noch meiner Gastfamilie in Fès einen abschließenden Besuch abzustatten, doch Fayza hatte Freizeit – als ich ihr schrieb, dass wir kommen, meinte sie einfach zur Chefin, dass ihre Schwester mit der deutschen Verwandtschaft käme und sie sooooo erschöpft sei vom vielen Arbeiten (OK, bei der 70-Stunden-Woche war wenigstens Letzteres nicht gelogen) sodass sie bis zur Spätschicht frei bekam – und wir konnten uns damit am späten Sonntagvormittag in Larache treffen. Sie lud uns auf zwei große Teller Garnelen, Scholle und Calamaris in eines dieser Restaurants ein, wo man Fleisch oder Fisch auf dem benachbarten Markt einkauft und sich im Restaurant gegen Gebühr zubereiten lässt und Getränke dazu bestellt.

Wir hatten alles Mögliche an Paarungen überlegt und fuhren am Ende mit einem Abstecher nach Moulay Bousselham, wo es besonders schönen Sandstrand mit einer Meeresbucht und Heiligengräbern gibt, nach Lella Mimouna. Das ist ein Kaff mit Wochenmarkt und hässlichen, einfachen Häusern an staubigen und dreckigen Straßen, aber immerhin in grüner und angenehmer Landschaft. Während Fayza schon etwas drängelte, wie wir eigentlich das Spiel erreichen wollen, wenn wir nur 15 Minuten vor Anstoß in Moulay Bousselham losfahren, kalkulierte ich schon ganz cool die Verspätung durch die ganzen Vorspiele im Jugendbereich ein: die war sogar so groß, da ab 8 Uhr lauter aufeinander folgende Spiele angesetzt waren, dass um 14.10 noch das A-Jugend-Match lief und erst mit 40 Minuten Verspätung die Männer anfingen.

Wir wurden für Gästefans gehalten, da in Rabat immer auch Frauen im Stadion anzutreffen und Ausländer im Stadtbild präsent sind, während in einem Kaff wie Lella Mimouna schon mal jemand laut raushauen muss „gugg ma, die da is mit nem Weißen („gauri“ hat eher das Niveau „Bleichgesicht“, bezeichnet eigentlich einen von den Osmanen aus Europa geholten Sklaven, einen Giauren) da“. So einen verärgerten Gesichtsausduck wie nach dieser Bemerkung hab ich bei Fayza aber auch selten gesehen…

Das Stadion kann mit zwei sechsreihigen Betontribünen und einem dazwischenliegenden, großem Eingangstor aufwarten. Drei Seiten sind ausbautenlos, aber locker mit Bäumen bestanden. Das eigentlich Besondere an diesem Stadtstadion von Lella Mimouna ist jedoch der Sandplatz. Da wächst kein Grashalm, doch mit Hartplatz oder Lehmplatz hat das nichts zu tun: das ist ein richtiger Strand! Dass Spieler so tief einsinken wie hier und der Ball so wenig springt, habe ich selbst bei den sandigen Lehmplätzen von Zemamra oder Sidi Slimane nicht so gesehen!

Trotz dieser extremen Platzverhältnisse lieferten die Spieler aber den besten Beweis ab, dass die Spielfläche nebensächlich ist: es wurde ein wirklich ansehnliches Spiel auf dem Sand – besser als etliche Spiele in höheren marokkanischen Ligen auf Kunstrasen! Die Führung wurde natürlich durch einen Weitschuss erzielt, doch interessant war, wie Nasr Rabat als Aufstiegskandidat in Liga 4 dann doch - nachdem sie anfänglich völlig hinten rein gedrängt waren - mit dem Platz zurechtkamen und das Spiel an sich rissen. Der Anfang vom Ende für Amal Lella Mimouna war der vergeigte Elfer in der 29. Spielminute, als der 13er knapp rechts am Kasten vorbei schießt. Kurz vor der Pause erzielte Nasr den Ausgleich: mit einem Kopfball stieß der Stürmer den Ball aus den Händen des Torwarts, da dieser mit seinen kurzen Armen nur die hoch aufs Tor geflogene Pille zwischen den Fingerspitzen halten konnte. Fayzas Bemerkung war mal wieder sehr treffend: „Warum ist einer, der kaum so groß ist wie ich, Torwart?“ – und sie ist ca. 1,70m…

Nach der Pause gab Amal Lella Mimouna das Spiel dann völlig aus der Hand: ein Konter führt zur Führung der Hauptstädter, ein herrlicher Weitschuss aus 30m geht als Bogenlampe über den Schlussmann zum 1:3, es folgt noch ein Abseitstreffer eine Minute nach dem 1:3 und nach einem Foul setzt es in der Schlussphase der immer härter werdenden Partie eine gelb-rote Karte für einen meckernden Spieler von Lella Mimouna. Die Jungs hingen ziemlich die Dorfprolls raus: Rudelbildung, Pöbeleien, Drohungen, einige Jugendliche hinter dem Tor drohten mit Platzsturm und Schlägerei – doch als die Polizeistreife aufs Feld lief, waren die schon wieder hinterm Zaun. Wie üblich bei dem Kindergarten in marokkanischen Stadien…

Die Spieler waren aber nicht so schnell zu beruhigen und die Situation blieb minutenlang aggressiv. Ich bin ja ähnlich wie Hamza, der bei einer unserer Fahrten in den Kurort Moulay Yacoub beim Anblick einer Keilerei unter Jugendlichen stehen blieb und Khadijas Aufforderung weiterzugehen mit der Bemerkung „ich will sehen wie die Spinner sich kloppen, ist doch lustig“ ausschlug. Als mich Fayza also zum Gehen drängte, meinte ich genau das Gleiche zu ihr – aber sie fand die Tumulte auf dem Platz nicht so lustig und meinte, dass sie beim Fußball und nicht bei Schlägereien zugucken will. Wahrscheinlich hat sie nicht trotz, sondern gerade weil sie jahrelang Kampfkunst betrieben hat, so eine Abneigung gegen regelloses Kräftemessen wie Stadionschlägereien… Ich brachte sie also unter den üblichen neugierigen bis aufdringlichen Blicken der ungebildeten Dorfbewohner zum Auto, ging dann gleich wieder rein und schaute mit meinem Vater die nach einigen Minuten Unterbrechung beginnende Schlussphase an. Es fielen keine Tore mehr und Tumulte gab es auch keine weiteren…

Wir fuhren über Mechra Bel Ksiri zu den römischen Ruinen von Banasa, was ich beiden empfohlen hatte. Eigentlich war schon geschlossen, aber der Hintereingang ist nie richtig verriegelt, sodass auch nach den Besuchszeiten noch die Dorfbewohner die ansehnlichen 1.700 Jahre alten Ruinen besuchen.

Wir brachten Fayza noch gerade zum Abendgebet (nach diesem beginnt die Nachtschicht zu der sie aufkreuzen sollte) nach El-Aouamra zurück und versprachen uns gegenseitige Besuche, was für uns in Richtung Marokko natürlich erheblich einfacher ist (nächstes Jahr zur Afrikameisterschaft z.B.) als für sie nach Deutschland.

In Larache beim Kifteh-Essen am späten Abend trafen wir allerdings auf einen Marokkaner der schon oft in Deutschland war: der Alte war sehr freundlich und sprach in gutem Deutsch ohne jeden Geschäftsgedanken über seine in Osnabrück wohnende Verwandtschaft und die langen Fahrten nach Deutschland. Solche Erlebnisse waren leider im Vergleich zu Algerien oder Syrien viel zu selten während meiner Zeit in Marokko.  
Wir hatten günstig im Hotel Cervantes in Larache übernachtet und am Montag die späte Abfahrt nach Rundgang und Frühstück in Larache schon eingeplant. Diese sehr sehenswerte Stadt verließen wir nach der Besichtigung von Lixus, der am Rande des Ortes auf einem Berg liegenden römischen Ruinenstätte. Dort erinnerte sich der Aufseher mit Blick auf den roten Dacia mit Saalekreis-Nummer tatsächlich noch an mich! Er: „Hey, alles klar mein Freund? Du bist doch der Deutsche mit der marokkanischen Frau!“ Ich: „Ähhhmmm, ja genau! “ Im Dezember war ich nämlich schon mal in Lixus, aber mit Fayza und der Aufseher fragte sie blöd und direkt mit Blick auf uns beide ob sie Marokkanerin sei, weswegen sie mich als ihren Ehemann ausgab…

Wir fuhren weiter gen Nordosten, besichtigten den Cromlech von Mzoura (den neolithischen Steinkreis) nur von außen und fuhren in den Bouhachem Nationalpark ein. Dort bogen wir zu früh ab und fuhren nach Süden, aber zwischen Ksar Kbir und Chefchaouen nahmen wir einfach wieder die Strecke nach Norden gen Souk Khemis de Beni Arous in der Mitte des Gebirgszuges. Dort gab es gut und ganz günstig Kiftah (Hackfleisch) – das einfache Restaurant an der Hauptstraße hatte ein lustiges Schild „Gras rauchen verboten“ aufgehängt. Dann ging es durch immer schöner werdende bewaldete Berglandschaft fahrend, rechts ab: das spanische Fort an der Wegekreuzung – die drei Wege führen nach Larache, Chefchaouen bzw. Tetouan – angeguckt und dann den letztgenannten, teils eng an Schluchten vorbeiführenden Weg genommen. In Tetouan guckten wir nur Thamuda, die Grundmauern eines römischen Kastells, an und fuhren zum spanischen Palast, einem riesigen verfallenen Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, rauf.

Zur Übernachtung fuhren wir nach Fnideq, wo wir an der Corniche zwischen der Moschee und der spanischen Festung ein Zwei-Sterne-Hotel für 300 Dh. (28,50€) die Nacht bekamen.  
Dienstag verließen wir das ganz ansehnliche Küstenstädtchen, das von sozialen Problemen erstickt zu werden droht – so präsent und aufdringlich sind die Bettler kaum irgendwo in Marokko – gen Ceuta. Wir kamen leider zu so einer blöden Zeit an, dass wir fast zwei Stunden in der Schlange am Grenzzaun standen. Belästigungen durch Arbeitslose, die sich mit dem Verkauf von Ein- bzw. Ausreisezetteln, die an den Passkontrollstellen kostenfrei ausliegen, etwas verdienen wollen, inklusive. Schlecht gelaunt sagte ich nur jedes Mal auf Arabisch „die gibt’s auch kostenlos“...

Auffällig war zum Abschluss meines Marokkoaufenthalts leider wieder, dass so tolle und angenehme Menschen wie die aus meiner Gastfamilie in diesem Land eher die Ausnahme sind. Denn die Drängler an der Grenze waren ausschließlich Marokkaner und auch in Ceuta waren es nur Marokkaner, die einem inoffizielle Geschäfte anboten oder die Wege zumüllten. Genau aus diesem Grund meinte auch mal meine marokkanische Lehrerin, dass Ceuta (Sebta) zwar 100% marokkanisches Territorium sei, Marokko aber weder von den Staatsfinanzen noch vom sozialen Gefüge her in der Lage wäre, Ceuta und Melilla erfolgreich zu führen. Die West-Sahara ist ja ganz gut geführt, da sie so viele Bodenschätze hat, die Geld bringen – die Städte sind modern und sauber, ein Problem sind nur die alten Fischersiedlungen und dass neue Ortschaften ewig nicht bezogen werden trotz hohem Lebensstandard – aber die beiden Exklaven-Orte noch dazu wäre im Moment einfach zu viel.

Nach einer Rundfahrt über die Festungen und einem Rundgang durch die Innenstadt – wir besichtigten auch die arabischen Bäder, die ich beim ersten Besuch nicht gefunden hatte – machten wir beim Lidl einen Großeinkauf und befüllten den Tank unseres Dacias bei der Cepsa am Hafen mit Super Plus 98, das mit 1,16€ genau 35 Cent unter dem Durchschnittspreis auf dem Festland liegt. Dann richteten wir uns schon auf lange Wartezeiten ein, doch am Fährbüro angelangt bekamen wir noch für die 18-Uhr-Fähre Karten: mit 159€ auch nicht nennenswert teurer als bei der unsicheren Onlinereservierung.

Ausnahmsweise war der Kahn auch pünktlich, sodass wir 19.15 aus dem Hafen von Algeciras rollten und gegen 20 Uhr das Hotel in La Línea de la Concepción gefunden hatten. Die Herberge „La Esteponera“ ist ganz nett und preisgünstig (24€ für ordentliche Doppelzimmer mit Gemeinschaftsbad). Hier übernachteten wir aufgrund eines kuriosen Zusatzländerpunktes gleich zwei Mal. Mehr dazu im oben folgenden Bericht!  
Statistik:
- Grounds: 1.087 (Freitag: 1, Samstag: 2, Sonntag: 1; diese Saison: 116 neue)
- Sportveranstaltungen: 2.002 (Freitag: 1, Samstag: 2, Sonntag: 1; diese Saison: 146)
- Tageskilometer: 4.570 (Di: 920km Auto, Mi: 450km Auto, Do: 1.100km Auto, Fr: 670km Auto, Sa: 370km Auto, So: 590km Auto, Mo: 310km Auto, Di: 90km Auto, 40km Fähre)
- Saisonkilometer: 47.680 (46.530 Auto/ 1.080 Fahrrad/ 80 Schiff, Fähre/ 10 öffentliche Verkehrsmittel/ 0 Flugzeug)
- Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 1 [letzte Serie: 10, Rekordserie: 178]
- Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 398

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