Mittwoch, 4. Januar 2012

W282II: In der Hauptstadt – Kasbah, Chellah und Sieg für die jungen Atlaslöwen

Marokko U-17 2:0 Algerien U-17
Datum: Freitag, 23. Dezember 2011 – Anstoß: 14.30
Wettbewerb: Finale de Tournoi de Union Nord-Africaine de Football U17 [المباراة النهائية البطولة الاتحاد شمال إفريقيا لكرة القدم تحت 17] (Finale des U17-Turniers des Nordafrikanischen Fußballverbands)
Ergebnis: 2:0 nach 95 Min. (47/48) – Halbzeit: 1:0
Tore: 1-0 33. Yassine Feqhaoui, 2-0 86. Yassine Feqhaoui
Verwarnungen: Nr. 8, Nr. 18 (Marokko); 2x Nr. 2, Nr. 8 (Algerien)
Platzverweise: Nr. 2 Algerien (91., wiederholtes Foulspiel = 2. gelbe Karte)
Spielort: Rabat; Complexe Sportive Prince Moulay Hassan [al-Murakkab ar-Riyadhiy al-Amîr Mulây Ħasan / المركب الرياضي الامير مولاي حسن] (Kap. 5.000, davon 500 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 500 (davon ca. 20 Algerier)
Unterhaltungswert: 6,0/10 (Technisch gutes Spiel mit weitestgehend hohem Tempo)
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Photos and English Version:

Am Freitag machten sich der alte Groundhopper und ich in die Hauptstadt Marokkos auf. Da Casablanca bekannter ist, wissen einige Leute außerhalb Marokkos gar nicht, dass Rabat – die auch etwas weniger Einwohner aufweisen kann – die Hauptstadt ist; und nicht etwa Casablanca. Rabat ist aber eine würdige Hauptstadt. Architektonisch hat die in Marokko Ribât genannt Stadt – ein Ribât ist in maghrebinischen Dialekten eine Festung, kann manchmal auch im Sinne Wehrdorf oder Wehrkloster genutzt werden – gegenüber Casablanca die Nase vorn. Zwar keine riesige Moschee, aber die Befestigungsanlage (Kasbah) macht echt was daher. Da die sich jeder Rabat-Tourist anguckt, um z.B. einen schönen Blick über den Fluss Bouregreg nach Salé (die Nachbarstadt, die übrigens auch ein paar Befestigungsanlagen vorzuweisen hat) zu haben oder v.a. die Mauerumfassung mit den beiden spektakulären Toren und diverse enge Gassen mit blau-weiß gestrichenen Häusern zu sehen, tummeln sich die meisten aufdringlichen Guides dort. Die Mitarbeiter der Chellah, der meines Erachtens noch bemerkenswerteren Sehenswürdigkeit Rabats, scheinen solche Leute erfolgreich zu vertreiben. Für nur 10Dh. (1€) Eintritt kann man in einem richtig schönen Park, der von massiven Festungsmauern mit filigranen Türmen umgeben ist, ganz in Ruhe herumlatschen. Dort befindet sich auch noch eine mehrfach baulich überformte Ruinenstadt die bis auf die römische Zeit zurückgeht. Zwischen den römischen Ruinen befinden sich aber auch einige jüngere Bauzeugnisse wie die Ruine einer mittelalterlichen Moschee. Kurios ist übrigens die Anzahl der Störche gewesen, die hier im Dezember ihr Winterquartier bezogen.
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Zwischen dem Besichtigen dieser beiden Hauptsehenswürdigkeiten der Kapitale gingen wir sehr preisgünstig und auch gut in einem Imbiss, gegenüber einer Moschee die sich 300m nördlich des Stadions Prince Moulay Hassan befindet, essen. Das Stadion ist ein ganz ansehnlicher Bau, der allerdings nur über eine einzige Tribüne, die sich jeweils von Eckfahne zu Eckfahne erstreckt, verfügt. 24 Reihen massive Betonstufen hat die und ist in fünf Sektoren geteilt. Der mittlere ist mit Schalensitzen und einer Loge bestückt. Überdachung gibt es nirgendwo und hinter den Toren und der Gegenseite schließen sich gleich Bebauung bzw. weitere Sportanlagen an. 5.000 Leute passen da regulär rein, womit es nur das drittgrößte Stadion der marokkanischen Hauptstadt ist: der Complex Prince Moulay Abdellah, zu Deutsch „Sportkomplex des Kronprinzen Gottesknecht“, benannt nach einem Prinzen aus der Dynastie der Alaouiten der später als Hassan II. König von Marokko wurde, fasst 52.000 Zuschauer – dort spielt der Erstligist FAR du Rabat (al-Jaish al-Maliky, Königliche Streitkräfte) – und das Stade de Fath, wo der zweite Erstligist Fath US meistens spielt (dem gehört aber auch ebendieses dritte Stadion), fasst immerhin noch 15.000. Benannt ist das Moulay Hassan nach dem derzeitigen Kronprinzen Hassan (kann man mit „Anmut“ übersetzen), der erst 8 Jahre alt ist und den seit 1999 amtierenden König, Seine Majestät den Befehlshaber der Gläubigen Muħammad as-Sâdis (Mohamed VI.), mal irgendwann beerben soll.

Die monarchistische Einstellung Marokkos kommt auch in der Nationalhymne, die natürlich vor dem Anstoß abgespielt wurde, zum Ausdruck: „Allah, al-Waţan, al-Mâlik“ = „Gott, das Vaterland, der König“. Im Gegensatz dazu das flächenmäßig größte Land Afrikas (nach Zerfall des Sudan), die Algerische Volksrepublik mit ihrer Hymne „qassaman“ = „schwörend/ wir schwören“, die während dem Unabhängigkeitskampf gegen die französischen Besatzer geschrieben wurde und mit Zeilen wie „fa-atakhadhnâ rannat al-barûd waznâ / wa-’azafnâ naghama ar-rashshâsh laħnâ“ = „so nehmen wir das Prasseln des Schwarzpulvers als unseren Rhythmus / und den Klang des Maschinengewehrs als unsere Melodie“ aufwartet.

Die beiden Halbfinals dieses U-17 Juniorenturniers des Regionalverbandes UNAF (Union of North-African Football Federations) gingen im Elfmeterschießen ab. Marokko blamierte sich eher mit dem 5:3 vom Punkt gegen Mauretanien, sind doch die Kicker aus der islamischen Republik am äußersten Rande der Arabischen Welt nur äußerst selten erfolgreich. Algerien brachte da eine eindrucksvollere Leistung mit dem 5:4 gegen Tunesien, deren U-17 bereits zwei Mal diese Meisterschaft gewinnen konnte. Das Spiel um Platz 3 hatte zuvor Mauretanien gegen Tunesien (schon wieder im Elfmeterschießen) überraschend gewonnen. Somit hieß das Finale diesmal Marokko gegen Algerien. Marokko, also französisch „Maroc“ und arabisch „al-Maghrib“ [المغرب] bedeutet übrigens Königreich des Westens oder westliches Königreich, während Algerien die Inseln (die Inseln des Sandmeeres, also der Sahara) sind (Algérie bzw. al-Djaza´ir [الجزائر]).

Vor mindestens 500 Zuschauern (bei freiem Eintritt), von denen ein Großteil Schüler waren und ein Teil auch richtig anfeuerte – vor allem wenn der komische Rentner mit dem Plüsch-Atlaslöwen Sprüche klopfte – sah es diesmal aber anders aus für Marokko, als ein nicht überzeugender Sieg im Elfmeterschießen. Sie waren von Anfang an die bessere Mannschaft und ließen Algerien kaum ins Spiel, geschweige denn zu Torchancen kommen. Die Gastgeber hatten schon mehrere gute Möglichkeiten versiebt, ehe der laufstarke 11er, Yassine Feqhaoui, nach einem Sprint den Ball am heraus geeilten Torwart vorbei einnetzte. In der zweiten Hälfte, in der das Spiel zwar nach wie vor technisch sehr hochwertig und läuferisch wie kämpferisch gut war, stieg die Fehlerquote bei beiden etwas an – doch für die B-Jugend war das echt hervorragend – und Yassine setzte schließlich noch einen drauf und der Ball landete wieder im langen Eck. 2:0 war der Endstand und unter großem Jubel und Fahnenschwenken stellten die Marokkaner sich auf um diesmal a-capella die Nationalhymne zu singen. Die Zuschauer verabschiedeten die Algerier und die Schiris mit Applaus und feierten die Marokkaner, die ihren silbernen Pokal für diesen verdienten und sehenswerten Sieg entgegennahmen.

Die Tore findet man auf Video auf der Website der bekanntesten marokkanischen Sportzeitung Mountakhab (das heißt „Nationalmannschaft“): [بالفيديو:المغرب يحرز كأس شمال افريقيا لاقل من 17 سنة]
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Statistik:
Grounds: 683 (heute 1 neuer; diese Saison: 89 neue)
Sportveranstaltungen: 1.433 (heute 1, diese Saison: 119)
Tageskilometer: 440 (440 Auto)
Saisonkilometer: 19.310 (14.390 Auto/ 3.000 Flugzeug/ 1.910 Fahrrad/ 10 Bahn, Bus, Tram/ 0 Schiff, Fähre)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 24
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 282

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