Montag, 4. Oktober 2010

W218III: Zwei schwache Spiele in Zwickau, doch den Besuch bereut man dort nie

FSV Zwickau A 0:3 FC Eilenburg A
Sonntag 3. Oktober 2010 – Anstoß 11.00
Landesliga Sachsen, A-Junioren (3. Liga der 16-18jährigen)
Ergebnis: 0:3 nach 90 Min. (45/45) – Halbzeit 0:2
Tore: 0-1 23. Nr. 10, 0-2 31. Nr. 10 (Elfmeter), 0-3 65. Nr. 7
Verwarnungen: keine, Platzverweise: keine
Spielort: Südkampfbahn (Kap. 3.000, davon 200 Sitzplätze)
Zuschauer: ca. 45 (davon vllt. 5 Gästefans)
Unterhaltungswert: 1,5/10 (Eilenburg halbwegs sicher und ab und an gute Aktionen [3,0], Zwickau leider richtig unter aller Sau [0,0])

FSV Zwickau 3:1 SG Dynamo Dresden II (U-23)
Sonntag 3. Oktober 2010 – Anstoß 14.00
Oberliga Nord-Ost/ Süd (5. Liga, 2. Halbprofiliga)
Ergebnis: 3:1 nach 94 Min. (46/48) – Halbzeit 2:0
Tore: 1:0 9. Christof Neumann, 2:0 24. Christof Neumann, 3:0 60. Stefan Schumann (Elfmeter), 3:1 73. Norman Wohlfeld (Torwart-Eigentor?)
Verwarnungen: Danny Troschke (FSV); Martin Scholze, Tim Krömer, Sepp Kunze (SGD)
Platzverweise: keine
Spielort: Westsachsenstadion (Kap. 4.999 Sitzplätze, 9.001 gesperrte Plätze)
Zuschauer: 1.210 (davon ca. 200 Gästefans)
Unterhaltungswert: 4,0/10 (Zwickau sicher und mit einigen guten Szenen, Dresden nur zum Ende der 2. Halbzeit auf akzeptablen Niveau, sonst richtig scheiße gespielt, Stimmung der Fans O.K.)
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Photos and English version:
ZWICKAU: FSV ZWICKAU – DYNAMO DRESDEN II UND A-JUGEND
(Album contains pictures of Zwickau-Planitz, under-18 match FSV Zwickau – FC Eilenburg and semi-pro match: FSV Zwickau – Dynamo Dresden Reserve)

Das ist Bahnfahren wie es im Buche steht: um von einer nicht unbekannten sachsen-anhaltischen Stadt in eine wichtige sächsische Stadt zu kommen, die knapp 100km Luftlinie und nur wenig mehr Straßenkilometer oder 80 Autominuten entfernt liegt, bracht man mit der Bahn trotz nur einem Umstieg 200 Kilometer und 200 Minuten.

Endlich in Zwickau, aßen wir ein gutes aber zu teures Frühstück im Bahnhof und fuhren wir mit den Rädern nach Zwickau-Planitz, wo wir uns erst das Schloss mit Kirche und Gymnasium sowie angrenzenden Park mit einer weiteren Kirche – keine 2km entfernt findet man noch ein christliches Gotteshaus inmitten der schön in die Berghänge gebauten Straßenzüge mit den gutbürgerlichen Häusern Planitz’ – ansahen und dann nach zwei Mal falsch abgebogen doch noch um 11 Uhr an der Südkampfbahn standen, wo die Zwickauer A-Jugend (ungeschlagener Tabellenführer) gegen den FC Eilenburg A (gut gestarteter Dritter) kämpfte.

Wobei sie eigentlich nur die ersten 10 Minuten kämpften. Und von der Kampfbahn ist auch nur noch ein Graswallquadrat übrig. Doch die Wälle, auf denen sich ein paar wenige, aber jeden Neuankommenden grüßende Zuschauer eingefunden haben, lassen die vormalige Größe der Stehtribünen erahnen und die zweireihige Stahlrohrtribüne deutet an, wo einst die überdachte Tribüne bis zum baulichkeitsbedingten Abriss stand. Einige Häuser sind eng rangebaut, das Schloss Planitz und die eindrucksvolle neogotische Kirche ragen über die Wipfel der eng stehenden Bäume hinaus. Schon eine schöne Anlage!

Und eigentlich hätten wir ja auch ein schönes Spiel erwartet, aber nach 10 Minuten war die Luft bei Zwickau draußen und nach 20 bequemte sich Eilenburg erstmals, selber etwas fürs Spiel zu tun. Das 0:1 war gut gemacht, dann folgte wieder Leerlauf, dann ein starker Sturmlauf und katastrophales Abwehrverhalten der Heimmannschaft: ein unnötiges Foul, ein korrekter Elfmeter und ein sicherer Schütze. Null zu zwei. Danach war das Spiel dürftig und das Schiedsrichtergespann – wieso kann man nicht wie in der gleichen Ebene in Sachsen-Anhalt (A-Jugend Verbandsliga) ohne Fahnenheinis spielen? – zerstörte noch die wenigen Angriffe durch sinnlose Abseitswinkerei oder Foulpfeiferei, wo gar kein Regelverstoß war.

In der zweiten Halbzeit war all das nicht besser, sondern verschlimmerte sich noch. Das war selbst für ein Spitzenspiel – da bekommt man ja leider durch die Unfähigkeit vieler Spieler mit Druck umzugehen oder auch durch die Gleichwertigkeit der beteiligten Akteure selten spitzenmäßigen Sport zu sehen – ganz schlimm. Das Gespann hätte auch nach wie vor drei Blindenhunde benötigt: zwei, die nach den Linienrichterfahnen schnappen, wenn der wieder sinnlos winken will und einen, der den Schiri anknurrt, wenn der wieder nicht klar kommt oder einen seiner Assistenten zu Unrecht bei Einwurfentscheidungen korrigiert. Eilenburg erzielte noch ein schönes Tor als Schlusspunkt auf einer nicht so schönen Partie. Bei Zwickau, die leider die Tabellenführung an Fortuna Chemnitz verloren, handelte es sicher um einen Ausrutscher. Wenn die immer so einen Scheiß spielen täten, wären sie nie wochenlang Erster gewesen. Da kann man nur sagen: weiter machen und zwar besser das nächste Spiel!
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Ein kurzes Bergstück hoch und eine lange Abfahrt runter und schon ist man am Westsachsenstadion, das ich, ist es doch wohl das interessanteste deutsche Stadion, schon mehrfach beschrieben habe (
siehe Bilder in diesem Bericht). Allerdings ändert sich immer wieder etwas an dem seit Jahren zum Normalzustand gewordenen Provisorium der Stahlrohrtribünen, mit denen die abgewrackten Steh- und Sitzränge überbaut sind. Die Gegentribüne wurde etwas abgeändert und der eigentlich Gästesektor dorthin verlegt, wobei das wohl dem Vandalismus Chemnitzer Gästefans geschuldet ist, dass die eine Kurve nun nicht mehr nutzbar ist.

Jedenfalls fand in dieser tollen Sportanlage die Partie zwischen dem FSV Zwickau und Dynamo Dresden II (oder U-23) statt. Die beiden Fanlager sind befreundet, sodass es diesmal weder Vandalismus noch Tumult und Pöbeleien gab. Die Fans saßen sogar gut gemischt und hatten die Ultras in der ersten Hälfte noch in getrennten Blöcken ihre Teams und den jeweiligen Gegenüber angefeuert, so wechselte die Dynamo-Fraktion nach der Pause in den Red Kaos-Block von Zwickau und feuerte dort v.a. den FSV mit an. Leider wurde von den anderen 1.000 Zuschauern maximal auf den Spielverlauf reagiert und in keinster Weise sonst angefeuert. Dass ein Banner „Istina za Vedrana – Wahrheit im Fall Vedran“ nur Verwunderung und ahnungslose Gleichgültigkeit hervorruft, ist logisch. Ich kam auch erst nach ein, zwei Minuten darauf, dass das Banner an den bei der völlig aus dem Ruder gelaufenen Straßenschlacht vor dem Spiel der ersten bosnischen Liga zwischen NK Široki Brijeg (rechtsextremer Kroatenseparatistenverein) und FK Sarajevo (nationalistischer Bosnier-Klub mit zumeist muslimischen Fans)
2009 (wahrscheinlich durch eine Polizeikugel – brisanterweise in einem durch (auch bei den Polizeikräften) Kroaten dominierten Ort) getöteten FK Sarajevo-Ultra erinnert. Ironischerweise soll der kroatische Mörder eigentlich einen Muslim habe töten wollen, doch er traf einen der wenigen Katholen in der Szene von FK Sarajevo. Zurück nach Zwickau: da muss man sagen, dass auch die Nicht-Ultras ruhig mal ein bisschen mehr anfeuern könnten. Bei dem Spiel gegen Aue II, das ich 2008 mal gesehen habe, gingen ja sehr viele mit.

Vom Spiel her war aufgrund der Tabellensituation – Zwickau 6., Dresden 11. von 16 – ein knapper Sieg der Zwickauer oder ein Unentschieden zu erwarten und wenige Tore zu befürchten, doch Zwickau legte gleich los und der Spieler Neumann zeigte innerhalb von 15 Minuten (in der 9. und der 24. Spielminute nämlich) seine Kopfballstärke. Erst nach einem Standard hineingesprungen und hoch eingeköpft, dann ein Flugkopfball noch vor dem heraneilenden Torwart erwischt. Das Spiel war nicht besonders gut, doch Zwickau spielte immerhin sicher und überlegen gegen ganz schwache Dresdener. In der zweiten Halbzeit begannen die Jung-Dynamos – oder die zweite Garde – sogar damit, die ein oder andere unsaubere Aktion zu zeigen. Selbst Schuld, dass es nach einer Stunde Elfmeter gab, den der Zwickauer Schuhmann sicher verwandelte. Leider ließ sich Zwickau dann zurückfallen und konterte die letzten 25 Minuten über nur drei Mal – und das erfolglos. Hingegen Dynamo II zeigte jetzt, dass sie wenigstens ein paar Minuten halbwegs akzeptables Spielniveau durchhalten können und griff das FSV-Tor mehrfach gefährlich an. Allerdings trafen sie einmal nur irregulär (aberkannt) und einmal kullerte der Ball durch einen Torwartfehler (ob das auch ein Eigentor von ihm war, weiß ich nicht) äußerst glücklich ins Tor. Also mit 5:1 oder 5:0 hätte Dynamo sich auch nicht als „unglücklich hoch verloren“ hinstellen können – das 3:1 war noch ziemlich niedrig alles in allem betrachtet – und ob das nur am Fehlen ihres erfolgreichsten Torschützen lag, dass sie so scheiße kickten, wage ich zu bezweifeln; der Erfolg einer Mannschaft darf ja nicht von einem einzigen Leistungsträger abhängen!
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Das Westsachsenstadion ist eines der kuriosen Stadien, das man als Groundhopper gesehen haben muss, der FSV spielt für Oberliga meist attraktiven Fußball (heute nicht so besonders, lag aber auch am Gegner) und die Fanszene ist vor allem in den Derbys gegen Aue, Chemnitz, Lok und Sachsen Leipzig sowie gegen den Hallschen FC (und vielleicht noch ein paar andere) sehr kreativ und eindrucksvoll. Also die haben schon richtig tolle Choreographien und Pyroaktionen gezeigt und sind laut, ausdauernd, hauen melodische Gesänge – einige Melodien sind auch eher unbekannt hierzulande und könnten auch 500 Kilometer weiter östlich oder südöstlich so gesungen werden – raus, der Trommler ist absolut genial (!) und ich habe auch noch kein Publikum erlebt, das immer wieder so freundlich auf neutrale oder fremde Fans – zumindest solange sie nicht aus Chemnitz oder Aue sind – reagiert, im Gegenzug jedoch sich so derartig aggressiv gegenüber rivalisierenden Fangruppen verhält, wie in Zwickau. Man sollte nur darauf achten, dass der Ultrasektor nur für die entsprechenden Leute reserviert ist. Da sollen die jungen Leute besonders pingelig sein, wenn jemand nur aus Neugierde und nicht zum 90 Minuten langen Anfeuern in den Block auf der Gegenseite, links vom Turm aus gesehen, geht.

Abschließend muss ich sagen, dass der Bahnhof, der etwas heruntergekommen, voller schlechter und zu teurer Läden ist und nicht mal vernünftig funktionierende Getränkeautomaten hat, ziemlich das Letzte in der Stadt ist. Wobei die Anreise mit der Bahn so wie so nicht zu empfehlen ist, da man mit dem Auto von vielen anderen deutschen Orten viel schneller und flexibler (teurer ist es eigentlich auch nicht) in Zwickau ist, als mit der Bahn. Aber man muss ja – außer aus Zeitgründen wie wir – nicht unbedingt an diesem scheiß Bahnhof essen, sondern z.B. in dem böhmischen Restaurant gegenüber der Marienkirche. Alles in allem ist ein Besuch in Zwickau – vor/ nach dem Spiel/ den Spielen kann man auch ein paar Sehenswürdigkeiten abklappern – wirklich zu empfehlen!
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Statistik:
Ground Nr. 480 (ein neuer Ground; diese Saison: 30 neue)
Sportveranstaltungen Nr. 1.151 und 1.152 (diese Saison: 40)
Tageskilometer: 420 (400 Bahn, 20 Fahrrad)
Saisonkilometer: 10.160 (7.170 Auto/ 1.340 Fahrrad/ 850 Bahn, Bus, Tram/ 800 Schiff, Fähre/ 0 Flugzeug)
Anzahl der Fußballspiele seit dem letzten 0-0: 67
Anzahl der Wochen, seit der letzten Woche ohne eine einzige Sportveranstaltung (31.7.-6.8. 2006): 218

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